24-Stunden-Pflege mit Pflegekräften aus dem Ausland: Kosten, Anstellung & mehr
Trotz Pflegebedürftigkeit möchten viele Menschen in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben. Angehörige stellt die Bewältigung der alltäglichen Pflege häufig vor große Herausforderungen. Als praktikable und bezahlbare Lösung gilt eine 24-Stunden-Pflege durch eine osteuropäische Pflegekraft. Im folgenden Artikel erfahren Sie mehr zu den gesetzlichen Vorgaben, den Kosten und den Aufgaben, von z. B. polnischen Pflegekräften.
- Osteuropäische oder polnische Pflegekräfte dürfen im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit in Deutschland beschäftigt werden und bei der Pflege unterstützen.
- Die Beauftragung erfolgt über eine Vermittlungsagentur oder alternativ als direkte Anstellung im Haushalt.
- Die Kosten für die Pflege betragen zwischen 2.000 und 3.000 Euro monatlich.
- Die osteuropäische Pflegekraft unterstützt im Alltag, darf aber keine medizinischen Leistungen übernehmen.
Was bedeutet 24-Stunden-Pflege?
Bei der 24-Stunden-Pflege lebt die Pflegekraft direkt im Haushalt des Pflegebedürftigen, auf diese Weise ist eine umfangreiche Betreuung gewährleistet. Die Pflegekraft erhält freie Kost und Logis. Diese Art der Unterstützung wird daher auch Live-In-Pflege genannt. Trotz der Bezeichnung „24-Stunde-Pflegekraft“ steht die Pflegeperson natürlich nicht rund um die Uhr für die Pflege zur Verfügung. Unter anderem gelten für angestellte Pflegekräfte verschiedene Regelungen nach dem Arbeitszeitgesetz:
- Wöchentliche Arbeitszeit darf nicht mehr als 48 Stunden betragen
- Tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden, die in Ausnahmefällen auf 10 Stunden verlängert werden kann (maximal 60 Stunden wöchentlich, dafür steht der Pflegekraft ein Ruhezeiten Ausgleich zu)
- 24 Tage Urlaub jährlich
Idealerweise teilt sich die Pflege auf mehrere Personen auf, die sich im Alltag abwechseln. So unterstützt die 24-Stunden-Pflegekraft beispielsweise pflegende Angehörige oder mehrere Pflegekräfte übernehmen die Aufgaben.
Welche Möglichkeiten gibt es für die Beschäftigung einer osteuropäischen Pflegekraft?
Eine deutsche Pflegekraft sprengt häufig das finanzielle Budget des Pflegenden und dessen Familie. Viele entscheiden sich daher für eine 24-Stunden-Pflegekraft aus dem Ausland. In zahlreichen Fällen kommen die Betreuungskräfte aus Osteuropa, die meisten von ihnen aus Polen. Im Allgemeinen wird daher häufig von „polnischen Pflegekräften“ gesprochen.
Für die Live-In-Pflege gibt es verschiedene Modelle:
1. Direkte Beschäftigung einer 24-Stunden-Hilfskraft
Im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit dürfen Haushalte deutsche oder EU-Bürger einstellen, damit ist die Beschäftigung der osteuropäischen Pflegekräfte legal. Dabei gelten verschiedene Vorgaben wie die Zahlung des Mindestlohns und die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen. Zudem müssen Sie Lohnsteuer an das zuständige Finanzamt abführen und die Pflegekraft in der gesetzlichen Unfallversicherung anmelden. Wählen Sie diese Variante, sind Sie direkter Arbeitgeber der Pflegeperson. Damit genießenden Sie den Vorteil, die Konditionen über die Beschäftigung direkt mit der Betreuungsperson aushandeln zu können.
Tipp
Als privater Arbeitgeber müssen Sie die Haushaltshilfe bei der Agentur für Arbeit und der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung ZAV anmelden. Dazu muss der Arbeitsvertrag vorgelegt werden. Die Betreuungskraft erhält nun eine Arbeitserlaubnis und eine Betriebsnummer, die für die Anmeldung bei der Sozialversicherung erforderlich sind.
2. Zusammenarbeit mit einem ausländischen Dienstleister, der ausländische Pflegekräfte entsendet
Bei einem Entsendemodell beauftragt der Pflegebedürftige ein ausländisches Unternehmen, das eine Pflegekraft in den Haushalt entsendet. In diesem Fall ist nicht der Haushalt Arbeitgeber der Betreuungsperson, sondern das ausländische Unternehmen. Das Gehalt bekommt die Pflegekraft von diesem Betrieb, der im eigenen Land Steuern und Sozialversicherungsbeiträge leistet. Die gesetzlichen Vorgaben wie Mindestlohn und Arbeitszeiten sind auch bei diesem Beschäftigungsverhältnis einzuhalten. Um die Anmeldung und die Arbeitserlaubnis müssen Sie sich nicht kümmern.
Im Unterschied zu einer direkten Anstellung einer 24-Stunden-Pflegekraft haben Sie bei einer Entsendung kein Weisungsrecht. Die Pflegeperson erhält die Vorgaben für Arbeitsinhalte oder Arbeitszeiten vom Unternehmen. Wollen Sie Änderungen vornehmen, ist das mit dem entsprechenden Anbieter zu klären.
Tipp
Beauftragen Sie ein ausländisches Unternehmen mit der Entsendung einer Pflegekraft, sollte die A1-Bescheinigung vorgelegt werden. Damit weist die Pflegeperson die Sozialversicherung im Heimatland nach und ist berechtigt, in einem anderen Land zu arbeiten.
3. Beschäftigung einer selbstständigen Pflegekraft
Möglich ist zudem die Anstellung einer selbstständigen Pflegekraft in deutschen Privathaushalten. Innerhalb der EU darf jeder seine Dienstleistungen anbieten, wenn im Heimatland oder in Deutschland ein Gewerbe angemeldet wurde. Die Verbraucherzentrale weist darauf hin, dass bei diesem Modell häufig mit einer Scheinselbstständigkeit gearbeitet wird, bei dem die Betreuungspersonen nicht durch das Arbeits- oder Sozialrecht geschützt sind. Wer eine scheinselbstständige Pflegekraft beschäftigt, muss mit Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern sowie Strafen für Schwarzarbeit rechnen. Auch die Zusammenarbeit mit einer Agentur, die 24-Stunden-Pflegekräfte vermittelt, schützt nicht immer vor der Problematik, da nicht jede Vermittlungsagentur seriös arbeitet.
Pflegekraft aus Osteuropa - wie hoch sind die Kosten?
Im Schnitt müssen Sie für eine 24-Stunden-Pflegekraft aus dem osteuropäischen Ausland zwischen 2.000 und 3.000 Euro rechnen.
Unabhängig davon, ob Sie die Pflegekraft selbst anstellen oder eine Entsendung wählen, gilt für die osteuropäische Pflegekraft der Mindestlohn 10,45 Euro ab dem 1. Juli 2022. Auch ausländische Anbieter sind verpflichtet, den deutschen Mindestlohn zu zahlen. Zusätzlich sind Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung und Beiträge für die Berufsgenossenschaft zu entrichten. Für eine selbstständig arbeitende 24-Stunden-Pflegekraft kann der Stundensatz frei vereinbart werden.
Anstellung als Arbeitgeber | Anstellung über Entsendung | Anstellung einer selbstständigen Betreuung | |
---|---|---|---|
Lohnkosten bei einer 40-Stunden Woche | 1.702,13 € | 2.200 bis 3.000 € pauschal | 1.500 bis 2.200 € |
Steuern und Sozialabgaben | Ca. 500 € | Zahlt der ausländische Arbeitgeber | Zahlt der Selbstständige |
Gesamtkosten | Ca. 2.200 € | Ab 2.00 bis über 3.000 € | 1.500 bis 2.200 € |
Dazu kommen weitere Ausgaben:
- Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung
- Reisekosten bei Personalwechsel oder Urlaub im Heimatland
- Unfallversicherung (29 € jährlich)
- Kosten für Internet und Telefon
- Gebühren der Vermittlungsagentur (bis zu 1.400 € jährlich)
Welche Aufgaben übernehmen polnische Pflegekräfte?
Die osteuropäischen Pflegekräfte übernehmen verschiedene Aufgaben im Haushalt, die vom Kochen über Putzen und Einkaufen bis zum Wäschewaschen reichen. Auch einfache Unterstützungsleistungen wie Hilfe beim Essen oder Ankleiden oder bei der Körperpflege sind vorgesehen.
Das Wechseln von Verbänden, die Gabe von Medikamenten oder andere medizinische Behandlungen dürfen die Betreuungskräfte nicht vornehmen. Sollten diese Maßnahmen notwendig sein, ist das von einer ausgebildeten Fachkraft zu erledigen. Ideal ist die Beauftragung eines ambulanten Pflegedienstes für diese Aufgaben. Mehr dazu finden Sie im Rateberartikel “Ambulante Pflege: Wissenswertes zur häuslichen Pflege”.
Wie finde ich die richtige 24-Stunden-Betreuung?
Die 24-Stunden-Pflegekraft wohnt im gemeinsamen Haushalt. Wichtig ist daher eine vertrauensvolle und seriöse Betreuung. Wenn Sie mit einer Vermittlungsagentur für die zusammenarbeiten, sollten Sie verschiedene Kriterien im Blick haben.
Checkliste für die Zusammenarbeit mit einer Vermittlungsagentur
- Vorlage der A1-Bescheinigung als Nachweis über die Anmeldung der Betreuungsperson bei der Sozialversicherung
- Vorlage von Musterverträgen, die Sie idealerweise rechtlich überprüfen lassen
- Vorlage von Referenzen
- Persönlicher Eindruck während des Beratungsgesprächs
- Erreichbarkeit der Agentur
Checkliste für eine osteuropäische Pflegekraft im Arbeitgebermodell
Wenn Sie ohne Einschaltung eine Kraft für die Pflege einstellen möchten, empfiehlt sich die Veröffentlichung einer Stellenanzeige. Zudem gibt es verschiedene Träger wie den Caritas oder die Diakonie, die Sie bei der Suche nach einer geeigneten Pflegekraft unterstützen. Eine gute Idee ist es, sich bei Freunden oder in der Nachbarschaft umzuhören und auf Mund-zu-Mund-Propaganda zu setzen. So erhalten Sie wertvolle Tipps.
Als Arbeitgeber der 24-Stunden-Pflegekraft übernehmen Sie alle Aufgaben, die sonst in den Händen der Agentur liegen. Dazu zählen:
- Abschluss des Arbeitsvertrags
- Beantragung der Betriebsnummer
- Meldung an die Sozialversicherung
- Anmeldung bei der Krankenkasse und der gesetzlichen Unfallversicherung
- Abführung der Sozialabgaben und der Lohnsteuer
Wie finanziere ich eine osteuropäische Pflegekraft?
Für die Kosten der 24-Stunden-Pflege müssen der Pflegebedürftige oder die Angehörigen aufkommen. Ab dem Pflegegrad 2 besteht ein Anspruch auf Kostenübernahme der Pflegeversicherung. Die Versicherer bieten verschiedene Unterstützungszahlungen:
- Pflegegeld
- Pflegesachleistungen
- Kombination aus Pflegegeld und Pflegesachleistungen
- Verhinderungspflege
- Kurzzeitpflege
Pflegebedürftige, die zu Hause betreut werden, erhalten üblicherweise ein von Ihrem Pflegegrad abhängiges Pflegegeld, das für die Finanzierung der 24-Stunden-Pflege verwendet werden kann.
Ideal ist die Kombination des Pflegegeldes mit einer Pflegesachleistung. Die Pflegesachleistungen rechnet die Pflegekasse direkt mit dem jeweiligen Dienstleister ab. Beauftragen Sie neben der 24-Stunden-Pflege auch einen ambulanten Pflegedienst, der beispielsweise die Medikation übernimmt, kann der Pflegedienst seine Leistungen über die Pflegeversicherung abrechnen.
Mehr über die Leistungen der Pflegeversicherung erfahren Sie in unserem Ratgeber Pflege "Was kostet die Pflege? Wer trägt die Kosten? Wie lässt sich Pflege finanzieren?"
Gut zu wissen
Ob es möglich ist, Pflegesachleistungen über eine Vermittlungsagentur abzurechnen, hängt davon ab, ob ein Versorgungsvertrag mit der Krankenkasse besteht. Wenn Sie diese Art der Abrechnung bevorzugen, sollten Sie bei der Wahl der Agentur darauf achten, dass eine entsprechende Vereinbarung besteht.
Steuertipp
Die Ausgaben für die 24-Stunden-Pflege können Sie als haushaltsnahe Dienstleistung in Ihrer Steuererklärung geltend machen und damit von einem erheblichen Steuervorteil profitieren.
Die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung decken nicht die gesamten Kosten, die bei einem Pflegefall auf Sie zukommen ab. Eine gute Idee ist daher die Ergänzung der gesetzlichen Leistungen mit einer privaten Pflegeversicherung. Die private Pflegezusatzversicherung des Münchener Verein überzeugt mit individuellen Leistungen, die Sie Ihren Anforderungen entsprechend gestalten. Informieren Sie sich über die Tarifvarianten.
- Keine Wartezeit
- Weltweite Leistung
- Kostenfreie Assistance-Leistungen
Fazit: Osteuropäische Pflegekräfte als ideale Unterstützung zur Bewältigung des Pflegealltags
- Beachten Sie die gesetzlichen Regelungen, ist die Beschäftigung von Betreuungskräften aus Osteuropa problemlos möglich. Ideal ist die Zusammenarbeit mit einer erfahrenen Agentur oder einem kirchlichen oder sozialen Träger zur Beauftragung.
- Die Finanzierung ist in der Regel günstiger als die Zusammenarbeit mit einer deutschen Pflegekraft.
- Nachteile wie Verständigungsprobleme, das Zusammenleben auf engem Raum und die fehlende medizinische Qualifikation der Pflegekraft sollten Sie im Vorfeld genau abwägen.
- Grundsätzlich bietet die 24-Stunden-Pflege eine ausgezeichnete Möglichkeit, den Pflegebedürftigen im Alltag zu unterstützen. Da die Pflegekraft nicht rund um die Uhr zur Verfügung steht, ist die Ergänzung durch andere Pflegepersonen oder Angehörige erforderlich.
Verbraucherzentrale: www.verbraucherzentrale.de
Curasenio: www.curasenio.de
Pflege.de: www.pflege.de
Alle abgerufen am 06.05.2022.
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