Pflege bei Demenz - was Angehörige wissen sollten
Nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit leiden mehr als 1,7 Millionen Menschen in Deutschland an Demenz. Jährlich kommen rund 40.000 Patienten dazu, sodass Experten für das Jahr 2030 rund 2,15 Millionen Demenzkranke prognostizieren. Für Betroffene und Angehörige ist die Diagnose oft ein Schock und stellt eine große Herausforderung dar. Angehörige stehen vor großen Belastungen bei der Bewältigung des Alltags und der Pflege des Erkrankten. Im folgenden Ratgeber zeigen wir Ihnen, worauf Sie bei der Pflege eines Demenzkranken achten sollten, und geben wichtige Tipps zum Umgang mit der Krankheit.
- Alzheimer ist die häufigste Form einer Demenzerkrankung.
- Die Folgen der Erkrankung sind irreversibel.
- Tägliche Routinen und Wiederholungen geben dem Erkrankten Sicherheit.
- Das Wohnumfeld sollte für den Erkrankten sicher gestaltet werden.
- Ambulante Pflegedienste unterstützen pflegende Angehörige bei Bedarf.
- Ist die Pflege zu Hause nicht mehr zu leisten, sollte ein Umzug ins Pflegeheim erwogen werden.
Was ist Demenz?
Der Begriff „Demenz“ leitet sich aus dem Lateinischen ab und bedeutet so viel wie „weg vom Geist“. Bei Erkrankten ist zunächst das Kurzzeitgedächtnis gestört, im weiteren Verlauf ist auch das Langzeitgedächtnis betroffen. Durch die krankhafte Veränderung des Gehirns sind kognitive, emotionale und soziale Fähigkeiten gestört und die Persönlichkeit des Erkrankten verändert sich. Patienten verlieren Fähigkeiten, die sie im Laufe ihres Lebens erlernt haben.
Alzheimer ist die häufigste Form einer Demenzerkrankung. Die Alzheimer-Krankheit entwickelt sich schleichend vom Auftreten erster Symptome über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren bis zum Tod des Patienten.
Gut zu wissen
Es gibt eine primäre und sekundäre Demenz. Die sekundäre Form tritt als Folge anderer Erkrankungen wie einer Stoffwechselstörung auf und kann auch durch Alkohol oder Medikamente ausgelöst werden. Mit Heilung der Grunderkrankung verschwindet häufig auch die Demenz. Bei der primären Demenz, die 90 Prozent aller Demenzerkrankungen ausmacht, sind die Auswirkungen nicht mehr umzukehren.
Praktische Tipps für Angehörige im Alltag: Demenz verstehen
Für gesunde Menschen ist es schwer, sich in den Erkrankten hineinzuversetzen. Im fortgeschrittenen Stadium haben Demenzkranke keine Möglichkeit, sich mitzuteilen. Es kommt also bei der Betreuung auf unsere Intuition und Empathie an, um zu spüren, was in welcher Situation guttut. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Auswirkungen der Erkrankung zu erfassen und zu verstehen.
Verlust kognitiver Fähigkeiten: Tipps, wie Sie dem Gedächtnisverlust begegnen sollten
Wortfindungs- und Gedächtnisstörungen sowie Orientierungsprobleme und Sprachstörungen sind Folgen der Erkrankung. Gerade am Anfang der Demenz versuchen Betroffene zu verbergen, dass sie sich an bestimmte Dinge nicht erinnern. Schreitet die Krankheit weiter voran, sind sich Demenzkranke dieser Einschränkungen weniger bewusst.
- Als Angehöriger sollten Sie den Erkrankten nicht korrigieren, da dies beschämend für den Betroffenen sein kann.
- Akzeptieren Sie, dass die Einschränkungen nicht rückgängig zu machen sind. Es ist nicht hilfreich, mit dem Erkrankten zu trainieren und Dinge abzufragen.
- Nehmen Sie es dem Kranken nicht übel, wenn er sie nicht erkennt und unter Umständen zurückschreckt.
- Verwenden Sie eine einfache Sprache und vermeiden zu lange und komplizierte Sätze. Setzen Sie auf klare und deutliche Aussagen, die Sie häufiger wiederholen.
- Stellen Sie keine umständlichen Fragen, sondern verwenden klare Fragen, auf die der Betroffene mit ja oder nein antworten kann.
- Schaffen Sie eine feste Tagesstruktur, da der Patient durch die Routine Sicherheit erlangt.
Zunehmender Realitätsverlust: Tipps, wie Sie mit der veränderten Wahrnehmung umgehen
Erkrankte können im Verlauf der Krankheit nur schwer Entscheidungen treffen, da es ihnen schwerfällt, Informationen zu verarbeiten. Der Demenzkranke kann keine logischen Schlüsse ziehen und handelt so für Gesunde oftmals schwer nachvollziehbar.
- Diskutieren Sie nicht mit dem Kranken und versuchen nicht, mit logischen Erklärungen zu überzeugen.
- Gibt es etwas, das den Erkrankten beunruhigt oder aufregt, beseitigen Sie das im besten Fall. Ist das nicht möglich, versuchen Sie, beruhigend einzuwirken.
- Akzeptieren Sie, dass es dem Patienten nicht möglich ist, sein Handeln zu erklären.
Veränderte Gefühlswelt: Tipps, wie Sie mit den Gefühlen Erkrankter umgehen
Auch wenn bei einem Demenzkranken verschiedene kognitive Fähigkeiten fehlen, bleibt die Gefühlswelt erhalten. Die Betroffenen können jedoch Erlebnisse nicht mehr verarbeiten oder daraus lernen. Bei negativen Gefühlen sind sie hilflos und haben keine Lösungsstrategien.
- Versuchen Sie alles, was negative Gefühle auslösen könnte zu vermeiden.
- Bestärken Sie den Betroffenen in seinen Handlungen oder loben ihn.
- Akzeptieren Sie die Gefühlsschwankungen als Teil der Krankheit und beziehen Sie das Verhalten nicht auf Ihre Person.
- Regen Sie die Sinne des Betroffenen an, um etwa beim gemeinsamen Betrachten von Fotos Erinnerungen zu fördern.
Typische Verhaltensweisen von Alzheimer-Patienten: Tipps für den Umgang mit veränderten Gewohnheiten
Es gibt verschiedene Verhaltensweisen, die typisch für die Erkrankung sind. So stellen Demenzkranke immer wieder die gleichen Fragen oder wiederholen Handlungen ständig. Auch nächtliches Wandern oder nervöse Unruhe sind Symptome der Demenz.
- Versuchen Sie auch bei wiederholten Fragen und Handlungen, nicht die Geduld zu verlieren. Nehmen Sie sich eine kurze Auszeit, wenn die Situation Sie überfordert.
- Lenken Sie den Erkrankten vom wiederholten Handeln ab und beginnen Sie, gemeinsam eine neue Aktivität.
- Akzeptieren Sie unruhiges Hin- und Herlaufen als Teil der Krankheit und lassen den Betroffenen im Zweifel einfach weitermachen.
- Sorgen Sie nachts für verschlossene Türen und installieren sicherheitshalber einen Bewegungsmelder.
- Zeigt der Erkrankte aggressives Verhalten, bleiben Sie gelassen und versuchen den Betroffenen zu beruhigen. Wichtig ist, dabei auch die eigene Sicherheit im Blick zu haben. Fühlen Sie sich überfordert, suchen Sie sich Unterstützung.
Denken Sie auch an sich: Tipps, was Angehörige für sich selbst tun können
In dieser herausfordernden Zeit dreht sich alles um die Demenzbetreuung. Als pflegender Angehöriger sollten Sie jedoch auch an sich selbst denken. Mit regelmäßigen Aktivitäten wie Sport oder einem Hobby schaffen Sie einen Ausgleich und nehmen sich nur für sich selbst Zeit. Wichtig sind soziale Kontakte und der Austausch mit anderen. Idealerweise planen Sie diese Auszeiten in der Pflege von Anfang an ein. So kann der Erkrankte sich bereits daran gewöhnen, dass er von mehreren Personen unterstützt wird.
Treten Warnsignale Ihres Körpers wie Müdigkeit, Infektanfälligkeit, Schlafstörungen oder Energiemangel und kreisende Gedanken auf, ist es dringend Zeit, sich um sich selbst zu kümmern.
Was Sie für die eigene Entlastung tun können:
- Halten Sie sich wöchentlich einen Tag und eine Nacht frei und übertragen die Pflege in dieser Zeit an eine andere Person.
- Akzeptieren Sie Ihre Grenze und geben Aufgaben notfalls ab.
- Achten Sie auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung.
- Verzichten Sie auf Medikamente und Alkohol, um die Belastung zu ertragen.
- Nutzen Sie Entspannungstechniken wie autogenes Training.
- Gestalten Sie den Alltag abwechslungsreich und unternehmen auch zusammen mit dem Pflegebedürftigen verschiedene Aktivitäten.
- Nutzen Sie die Möglichkeit, sich mit anderen Pflegenden, der Familie oder Freunden auszutauschen oder suchen Sie gezielt Beratung zum Thema.
Demenzkranke zu Hause pflegen: Wie Sie den Alltag gestalten
Das Leben mit einer demenzkranken Person verlangt Ihnen einiges ab. Hilfreich sind klare Strukturen und Routinen, die Ihnen und dem Erkrankten den Alltag erleichtern. Das Beseitigen von Gefahrenquellen und die Vermeidung von Unfällen sind ein wichtiger Bestandteil der Pflege.
Gefahrenquellen beseitigen: Tipps für die sichere Gestaltung des Wohnumfelds
- Beseitigen Sie Stolperfallen wie rutschende Teppich oder Kabel.
- Bewahren Sie Elektrogeräte wie das Bügeleisen außerhalb der Reichweite des Erkrankten auf.
- Schützen Sie Elektroherde und Backöfen so, dass sie nicht unbeabsichtigt einzuschalten sind.
- Sichern Sie Fenster und Terrassentüren.
- Stellen Sie Temperaturen an Wasserhähnen so ein, dass keine Verbrühungsgefahr besteht.
- Bringen Sie im Badezimmer Haltegriffe an.
- Sichern Sie Treppen durch ein Gitter oder zusätzliche Handläufe.
- Bewahren Sie Medikamente für den Erkrankten unzugänglich auf.
Wir alle haben schon von verirrten und vermissten Personen gehört, die nicht mehr allein nach Hause finden. Im mittleren Stadium der Erkrankung entwickeln einige Betroffene einen extremen Bewegungsdrang und entfernen sich unbemerkt aus der Wohnung. Damit das nicht passiert, können Sie einige Vorkehrungen treffen:
- Bringen Sie ein akustisches Signal an der Haustür an, sodass Sie bemerken, wenn die Tür geöffnet wird.
- Achten Sie darauf, dass das Zimmer des Kranken nicht zu nah an der Eingangstür ist.
- Der Patient sollte idealerweise ein Armband oder eine Kette mit Ihren Kontaktdaten tragen, so kann bei einem Auffinden schnell geholfen werden.
Durch eine aktive Gestaltung des Alltags vermitteln Sie dem Erkrankten Normalität und können so das Fortschreiten der Erkrankung im besten Fall hinauszögern.
Strukturen schaffen: Tipps für das tägliche Leben mit einem Demenzkranken
Der Tag folgt idealerweise einer festen Routine. Kann der Erkrankte einige Tätigkeiten noch selbst ausführen, sollten Sie ihm so viel wie möglich selbst überlassen und nur bei Bedarf Hilfestellung bieten. Halten Sie sich an den bisherigen Tagesablauf, dem der erkrankte Mensch bisher gefolgt ist, das sorgt für Struktur.
- Gemeinsames Erledigen von Haus- und Gartenarbeit (übertragen Sie dem Erkrankten leichte Tätigkeiten und Arbeiten, die er immer gern ausgeführt hat)
- Spaziergänge und Ausflüge
- Leichte sportliche Aktivitäten
- Förderung von Hobbys des Erkrankten
- Gemeinsames Musizieren oder Singen bekannter Lieder
- Anschauen von Fotos oder Alben mit gemeinsamen Erinnerungen
Gut zu wissen
Bedenken Sie, dass der kranke Mensch die Arbeiten nicht immer so ausführt, wie Sie es gern hätten. Korrigieren Sie das nicht in seiner Anwesenheit und üben auch keine Kritik, sonst könnte der Demenzkranke den Mut an seinen Tätigkeiten verlieren.
Demenzbetreuung zu Hause: Tipps für tägliche Routinetätigkeiten
- Unterstützung bei der Körperpflege und der Mundhygiene
- Erledigung ohne Zeitdruck
- Kleidung mit Reiß- oder Klettverschlüssen erleichtern das alleinige An- und Ausziehen
- Erleichtern Sie den Gang zur Toilette durch Haltegriffe oder erhöhte Toilettensitze
- Erinnern Sie den Betroffenen daran zur Toilette zu gehen
- Unterstützen Sie diskret und wahren die Privatsphäre des Erkrankten
- Nutzen Sie Hilfsmittel wie Inkontinenzprodukte
Unterstützung durch Profis: Wie wähle ich den richtigen Pflegedienst?
Nicht immer gelingt es, sich rund um die Uhr um den erkrankten Angehörigen zu kümmern. Wichtig ist, sich die Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst zu suchen, der Sie von bestimmten Aufgaben entlastet.
Ambulante Pflege: Tipps für die Auswahl eines Pflegedienstes
- Das Pflegepersonal sollte nicht zu häufig wechseln, damit der Erkrankte eine feste Bezugsperson hat.
- Es muss Erfahrung im Umgang mit Alzheimer-Patienten bestehen.
- Als Angehöriger müssen Sie Vertrauen zu den Pflegekräften haben – die Chemie muss stimmen.
Kümmern Sie sich am besten rechtzeitig um die Beantragung einer Pflegestufe. Die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung ergeben sich aus dem Pflegegrad und der Art der Pflege. So erhalten Pflegebedürftige bei der Pflege durch Angehörige ein PflegegeldPflegebedürftige, die beispielsweise durch Angehörige, Freunde oder Nachbarn zu Hause gepflegt werden, erhalten ein Pflegegeld sowie PflegesachleistungenWerden Pflegebedürftige im häuslichen Umfeld von zugelassenen ambulanten Pflegediensten gepflegt, fließt die Pflegesachleistung., wenn ein Pflegedienst die Leistungen übernimmt. Auch die Kombination beider Leistungen ist möglich. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie im zweiten Teil unseres Pflege Ratgebers “Leistungen der Pflegeversicherung”.
Umzug in ein Pflegeheim: Wann ist der richtige Zeitpunkt?
Ob und wann ein Erkrankter in ein Pflegeheim umziehen sollte, hängt von der Entwicklung der Erkrankung ab. Schreitet die Demenz so weit fort, dass eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung notwendig wird, ist das unter Umständen von Angehörigen nicht mehr zu bewältigen. Sie stehen vor einer schwierigen und belastenden Entscheidung, den Angehörigen in einem Heim unterzubringen.
Wichtig ist, dass pflegende Angehörige in diesem Fall nicht mit einem schlechten Gewissen kämpfen, sondern sich auf angenehme Aktivitäten wie Spaziergänge oder gemeinsames Beisammensein konzentrieren. Alltägliche Pflegeaufgaben werden von den Pflegekräften übernommen, die für diese Leistungen bestens geschult sind.
Stationäre Pflege: Tipps für die Auswahl des Pflegeheims
- Wie gehen die Pflegekräfte mit den Demenzkranken um? Herrscht ein herzlicher und respektvoller Ton?
- Gibt es besondere Angebote für Alzheimer-Patienten?
- Dürfen persönliche Möbel oder Erinnerungsstücke mitgenommen werden?
- Wie wirkt die Atmosphäre auf Sie?
- Lassen Sie sich die Pflegebereiche und die Zimmer zeigen.
- Informieren Sie sich über das Pflegekonzept der Einrichtung.
- Prüfen Sie die Kooperation der Einrichtung mit den Angehörigen.
Von der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten Sie eine Grundversorgung, die nicht ausreicht, um die Kosten vollständig zu decken. Verbleibt ein hoher Eigenanteil kommen zu den gesundheitlichen Sorgen um den Erkrankten auch noch finanzielle Probleme.
Entscheiden Sie sich darum rechtzeitig für eine geeignete Pflegezusatzversicherung, zum Beispiel die des Münchener Verein.
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Fazit: Pflege bei Demenz – eine Herausforderung für Angehörige
- Angehörige sollten sich mit den Auswirkungen und dem Verlauf der Krankheit vertraut machen, um dem Alzheimer-Patienten empathisch und respektvoll zu begegnen.
- Mit einer würdevollen und angemessenen Pflege tragen Sie zum Wohlbefinden des Erkrankten bei.
- Wichtig ist, an eigene Auszeiten zu denken, um Kraft zu schöpfen.
- Akzeptieren Sie als Angehöriger, dass Sie im fortgeschrittenen Stadium die Pflege unter Umständen nicht mehr allein leisten können und greifen auf einen ambulanten Pflegedienst zurück.
- Ist die Versorgung zu Hause nicht mehr möglich, sollte über den Umzug in ein geeignetes Pflegeheim nachgedacht werden
Bundesgesundheitsministerium: www.bundesgesundheitsministeriumOnline-RatgeberDemenz.de
Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V.: www.bagso.de
Alle abgerufen am 16.02.2022
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