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16.09.2022 | 6:30

Kreidezähne beim Kind: Entstehung, Behandlung und Prophylaxe

Leiden Kinder und Jugendliche unter porösen, verfärbten und schmerzempfindlichen Zähnen, handelt es sich unter Umständen um Kreidezähne (MIH – Molarer-Inzisiven-Hypomineralisiation / MMH – Milchmolaren-Hypomineralisation. Erste Symptome können bereits bei den Backenzähnen im Milchgebiss auftreten. Dazu gibt es jedoch leider noch sehr wenig wissenschaftliche Studien. Nach Angaben der 5. Deutschen Mundgesundheitsstudie sind mehr als 28 Prozent der Zwölfjährigen betroffen. Wie Sie Kreidezähne erkennen, welche Ursachen als Auslöser der Erkrankung im Verdacht stehen und wie die Behandlung erfolgt, erfahren Sie im folgenden Ratgeber.

    Text fachlich geprüft von Kamile Jusaite, AllDent Zahnzentrum Wiesbaden.

    Was sind Kreidezähne?

    Bei Kreidezähnen handelt es sich um einen Zahnschmelzdefekt. Die Zähne reagieren dadurch sensibel auf Hitze und Kälte, oftmals werden Kauen und Zähneputzen erheblich erschwert. Bei kleineren Kindern können bereits die Milchzähne betroffen sein, bei älteren Kindern die bleibenden Zähne. Betroffen sind meist ein bis vier hintere Backenzähne. Schneidezähne können, müssen aber nicht mit beteiligt sein. Die erstmals im Jahr 1987 von schwedischen Wissenschaftlern beschriebene Erkrankung wird darum auch als Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) oder der Milchmolaren Hypomineralisation (MMH) bezeichnet.

      Wie entstehen Kreidezähne?

      Die Mineralisation des Zahnschmelzes ist bei den kleinen Patienten gestört. Normalerweise ist der Zahnschmelz die härteste Substanz des menschlichen Körpers. Bei Kreidezähnen enthält der Schmelz zu wenig Mineralien und zu viel Wasser und Protein und ist damit weich und anfällig. Vor allem das fehlende Mineral Hydroxylapatit macht den Zahn anfällig und brüchig. Bakterien haben die Chance einzudringen und Karies entsteht. Im Vergleich zu einem gesunden Zahn besitzt der Zahnschmelz bei Kreidezähnen nur etwa ein Zehntel der üblichen Härte.

      Gut zu wissen

      Das Mineral Hydroxylapatit bildet die Grundlage für unsere Zähne und Knochen, und ist die härteste Substanz im menschlichen Körper. Das Zahnbein (Dentin) besteht zu ca. 70 % aus Hydroxylapatit, im Zahnschmelz (Enamelum) ist es zu 95 % enthalten.

      Was sind die Ursachen für Kreidezähne?

      Schon im Mutterleib beginnt die Entwicklung der bleibenden Zähne des Kindes und ist im Alter von dreieinhalb bis vier Jahren abgeschlossen. Kalzium und Phosphat lagern sich ein, um den Zahnschmelz auszuhärten.

      Bei hypomineralisierten Zähnen ist dieser Prozess gestört und der Zahnschmelz bleibt weiterhin weich. Woran das liegt, konnten Forscher bisher noch nicht abschließend klären. Im Verdacht stehen neben erblicher Veranlagung vor allem folgende Ursachen bei Kreidezähnen:

      • Erkrankungen des Kindes in den ersten vier Lebensjahren (vor allem Windpocken, Masern oder Bronchitis und Asthma)
      • Antibiotikagaben in den ersten drei Lebensjahren
      • Erkrankungen der werdenden Mutter während der Schwangerschaft
      • Sauerstoffmangel oder andere Komplikationen bei der Geburt
      • Vitamin-D-Mangel des Kindes oder der Mutter 
      • Nierenerkrankungen 
      • Weichmacher in Kunststoffen
      • Dioxine

      Insbesondere zu den Umweltgiften wurde in den letzten Jahren viel geforscht. Wissenschaftler vermuten, dass die betroffenen Kinder während der Zahnanlage einer schädigenden Substanz ausgesetzt waren. Einem Bericht des NDR zufolge konnte in Tierversuchen nachgewiesen werden, dass der Weichmacher, der bis zum Jahr 2011 in Plastik-Trinkflaschen für Kinder verwendet wurde, Zahnschäden verursacht. Dennoch hält das Bundesinstitut für Risikobewertung einer Mitteilung aus dem Jahr 2018 zufolge, einen Zusammenhang zwischen Kreidezähnen und dem Weichmacher Bisphenol A bisher für unwahrscheinlich.

      Welche Symptome deuten auf Kreidezähne hin?

      Die Symptome für Kreidezähne zeigen sich erst nach dem Durchbruch der Zähne. Auf einem Röntgenbild ist die Störung der Zahnschmelzbildung nicht zu erkennen. Das macht die Erkrankung sehr tückisch und lässt präventive Maßnahmen nicht zu. Folgende Anzeichen deuten auf eine MIH hin: 

      • gelblich-bräunliche scharf abgegrenzte Flecken auf den Zähnen
      • Furchen auf der Zahnoberfläche 
      • fehlende Zahnhöcker
      • abgeplatzter Zahnschmelz
      • Schmerzen beim Zähneputzen 
      • Empfindlichkeit beim Verzehr von Heißem oder Kaltem


      Tipp

      Bemerken Sie Symptome, die auf hypomineralisierte Zähne hinweisen, sollten Sie nicht abwarten, sondern sofort einen Zahnarzt konsultieren.

      Regelmäßige Routine-Untersuchungen fördern die Früherkennung von Kreidezähnen.

      Leider treten teilweise schon bei Milchzähnen Schmelzdefekte an Backen- und Schneidezähnen auf. Nicht nur deshalb sind erste Routine-Checks bereits im Kleinkind-Alter sinnvoll. Wenn man bei der Behandlung von Mama oder Papa zuerst mal nur schauen darf, kann man sich behutsam an den Besuch in der Praxis gewöhnen. Werden Kreidezähne oder Karies früh erkannt, kann oft noch rechtzeitig gegengesteuert werden.

      Kamile Jusaite | Zahnärztin im AllDent Zahnzentum Wiesbaden mit Erfahrungen im gesamten zahnärztlichen Behandlungsspektrum.

      Wie werden Kreidezähne diagnostiziert?

      Etwa ab dem sechsten Lebensjahr brechen bleibende Zähne durch. Zahnärzte stellen bei einer Routineuntersuchung fest, ob bei dem kleinen Patienten eine Mineralisationsstörung vorliegt. Da auch schon bei Milchzähnen Schmelzdefekte möglich sind, haben sich erste Routine-Checks beim Zahnarzt bereits im Kleinkind-Alter bewährt.

      Steht die Diagnose fest, definiert der Profi den Schweregrad der Krankheit. Dabei untersucht der Zahnarzt, ob eine Überempfindlichkeit vorliegt und es zu Defekten am Zahnschmelz gekommen ist. Im Jahr 2016 bildete sich im Rahmen einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGKiZ) eine internationale Arbeitsgruppe, die den MIH-Treatment-Need-Index erarbeitete, der vier verschiedene Stufen festlegt:

      Index
      Definition
      Index 0 Keine mIH, klinisch gesund
      Index 1
      (2a bis 2c)
      MIH ohne Hypersensibilität, ohne Substanzdefekt
      Index 2 MIH ohne Hypersensibilität, mit Substanzdefekt
      (Grad abhängig von der Ausdehnung, der Position des Defekts, einer atypischen Restauration oder einer Extraktion aufgrund des Defekts)
      Index 3 MIH mit Hypersensibilität, ohne Substanzdefekt
      Index 4
      (4a bis 4c)
      MIH mit Hypersensibilität, mit Substanzdefekt
      (Grad abhängig von der Ausdehnung, der Position des Defekts, einer atypischen Restauration oder einer Extraktion aufgrund des Defekts)

      Grundsätzlich gilt: Je größer und dunkler die Flecken auf den MIH-Zähne, umso ausgeprägter ist die Mineralisationsstörung.

       

      Wie werden Kreidezähne behandelt?

      Eine Heilung für die Erkrankung gibt es bisher nicht, darum ist es bedeutend, den Krankheitsprozess möglichst frühzeitig zu stoppen. 

      Entscheidend sind regelmäßige Termine beim Zahnarzt. Abhängig vom Grad der Erkrankung sollten engmaschige Kontrollen alle drei bis sechs Monate stattfinden. Die Therapie passt der Zahnarzt an das Kind und den Zustand der Zähne an. Dabei geht es vor allem darum, die Zähne vor Karies zu schützen, einen Verlust von Zahnsubstanz zu verhindern und damit Schmerzen des Patienten zu vermeiden. Folgende Maßnahmen stehen dabei im Vordergrund: 

      • Intensivprophylaxe 
      • regelmäßige Fluoridierung mit hochkonzentriertem Fluoridlack
      • Fissurenversiegelung
      • Füllungen oder Verkronungen, sofern notwendig
      • in schweren Fällen Ziehen des betroffenen Zahns
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      Tipp


      Zahnärzte beobachten bei Kindern mit Kreidezähnen eine eingeschränkte Empfindlichkeit gegenüber den üblichen Betäubungsmitteln. Muss bei einem kleinen Patienten eine weitergehende Behandlung durchgeführt werden, empfiehlt sich in Abstimmung mit dem Zahnarzt die ergänzende Gabe eines schmerzlindernden Mittels wie Paracetamol.

      Zusätzlich zu den Zahnarztbehandlungen ist die Zahnpflege bei Kindern und Babys ein wichtiger Bestandteil der langfristigen Zahngesundheit. Durch die Verwendung fluoridierter Zahncremes und eine zahngesunde Ernährung verhindern Eltern, dass Kariesbakterien sich weiter ausbreiten. 

      Vor allem die frühzeitige Fluoridierung ist entscheidend, dadurch werden die Zähne unempfindlicher und widerstandsfähiger gegen Karies. Die Bundeszahnärztekammer empfiehlt in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde folgende Fluoridmengen: 

      Alter
      Fluoridkonzentration in Kinderzahnpasta
      Menge und Häufigkeit
      Durchbruch erster Zahn bis 2 Jahre

      0,05 % / 500 ppm
      oder
      0,10 % / 1.000 ppm

      2 mal täglich eine erbsengroße Menge
       

      alternativ:

      0,10 % / 1.000 ppm 

      2 mal täglich eine reiskorngroße Menge
      Vom 2. bis zum 6. Geburtstag 0,10 % / 1.000 ppm 2 mal täglich eine erbsengroße Menge
      Durchbruch der bleibenden Zähne 0,15 % / 1.500 ppm 2 mal täglich eine erbsengroße Menge


      Die oben genannten Empfehlungen gelten im Kleinkindalter (bis zwei Jahre), wenn Fluorid ausschließlich über die Zahnpasta gegeben wird. Wird Fluorid in Tablettenform verabreicht, sollte in der Zahnpasta kein Fluorid enthalten sein.

      Ab dem Schulalter können in Abstimmung mit dem Zahnarzt ein Fluoridgel oder eine fluoridhaltige Mundspülung verwendet werden. Wissenswertes zu Fluorid und zur Verwendung von Zahnpasta mit oder ohne Fluorid erfahren Sie im Ratgeberartikel des Münchener Verein: „Zahnpasta mit oder ohne Fluorid? Pro & Contra, Alternativen“.


      Tipp

      Für Kinder ist der Durchbruch der bleibenden Zähne ein großes Ereignis. Brechen Schneide- und Backenzähne durch, sollten Eltern die Zähne genau im Blick haben und bei ersten Verfärbungen sofort einen Zahnarzttermin vereinbaren.

      Welche Möglichkeiten gibt es, Kreidezähnen vorzubeugen?

      Über Kreidezähne ist bisher noch sehr wenig bekannt, daher gibt es keine effektive Möglichkeit, vorzubeugen. Forscher gehen davon aus, dass Umweltgifte eine Rolle bei der Entstehung der Kreidezähne spielen. Insbesondere der Plastikweichmacher Bisphenol A steht im Verdacht, die Erkrankung im Zusammenspiel mit weiteren Faktoren zu begünstigen. 

      Nach derzeitigem Forschungsstand können die Eltern verschiedene Maßnahmen ergreifen, um das Risiko zu minimieren: 

      • Verzicht auf Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff
      • kein Plastikspielzeug

      Damit betroffene Zähne möglichst lange erhalten bleiben gelten folgende Empfehlungen:

      • regelmäßige Kontrolltermine beim Zahnarzt 
      • tägliche Zahnpflege zu Hause bereits ab dem ersten Zähnchen 
      • regelmäßige Fluoridierung zur Verhinderung von Karies

      Wichtig ist zudem ein zahngesunder Speiseplan, bei dem Sie auf gesüßte Getränke, zuckerhaltige Speisen und andere kariesauslösende Nahrungsmittel verzichten.

      Was kostet die Behandlung der Kreidezähne?

      Die Kosten für die Therapie der Kreidezähne sind abhängig von den konkreten Maßnahmen. Die gesetzlichen Krankenversicherungen übernehmen verschiedene Kosten, die vor allem auf die Vermeidung von Karies abzielen. So bezahlen die Versicherer beispielsweise die Fissurenversiegelung der jeweils hintersten zwei Backenzähne. Empfiehlt der Zahnarzt die Versiegelung weiterer Zähne, zahlen Sie das aus eigener Tasche. 

      Verläuft die Erkrankung so schlimm, dass Inlays oder Kronen notwendig werden, beteiligt sich die Krankenkasse im Rahmen der Regelversorgung an den Kosten und übernimmt mindestens 60 Prozent der Rechnung. Der Eigenanteil ist von den Eltern zu zahlen. Auch höherwertige Materialien oder eine leistungsstärkere Therapie gehen zu Lasten der Eltern. 

      Ideal für diese Fälle ist eine Zahnzusatzversicherung für Kinder, mit der Sie die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgezeichnet ergänzen. Die Tarife des Münchener Verein bieten einen individuellen Schutz und sorgen dafür, dass Ihr Kind stets von der besten Behandlung profitiert. Erfahren Sie hier mehr über die Zahnzusatzversicherung für Kinder

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      Fazit - Kreidezähne beim Kind - rechtzeitig erkennen und handeln

      Wer unter Kreidezähnen leidet, hat sein ganzes Leben lang Probleme. Die Zähne sind und bleiben porös und anfällig. Die Symptome können stufenweise, zuerst mit Fluoridierungen, bei einem Loch mit Füllungen und bei massiv weggebrochener Substanz mit Überkronungen behandelt werden. Allerdings: Wer als Erwachsener noch keine MIH hat, wird auch keine mehr bekommen.

      Abschließende Forschungen zur Entstehung des Zahnschmelzdefektes gibt es nicht. Wichtig bei der Behandlung von Kreidezähnen sind daher vor allem das rechtzeitige Erkennen und eine engmaschige Therapie. Die Erkrankung lässt sich zwar damit nicht verhindern, kann jedoch soweit kontrolliert werden, dass die kleinen Patienten weitgehend schmerzfrei bleiben und die Zähne möglichst wenig geschädigt werden. Eine sorgfältige Fluoridierung, die für eine Härtung des Zahnschmelzes sorgt, trägt zur Zahngesundheit bei. Regelmäßige Kontrolltermine in Kombination mit einer effizienten Zahnhygiene zu Hause, sorgen dafür, dass die Schäden durch MIH nicht weiter voranschreiten.

      Hinweis: Unsere Artikel liefern allgemeine Informationen zu möglichen zahnärztlichen Behandlungen, ohne dass damit ein Rechtsanspruch auf Leistungen aus unseren Zahnzusatzversicherungen abgeleitet werden kann. Es gelten die entsprechenden Vertragsgrundlagen (AVB sowie die jeweiligen Tarifbedingungen). Leistungsanträge werden im jeweiligen Einzelfall auf Vorliegen der Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch geprüft.

      Netdoktor: www.netdoktor.de
      Zahn.de: www.zahn.de
      5. Deutsche Mundgesundheitsstudie: www.idz.institute
      NDR: www.ndr.de
      Bundesärztekammer: www.bzaek.de
      Bundesinstitut für Risikobewertung: www.mobil.bfr.bund.de
      Deutscher Ärzteverlag: www.kzv-sh.de

      Alle abgerufen am 23.07.2021.

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